Der Deutsche Bundestag hat die Rechenschaftsberichte der Parteien für das Wahljahr 2013 veröffentlicht. Die Medienberichterstattung fokussierte sich auf die Großspenden aus diesem Jahr und lässt dabei die historische Entwicklung außer Acht. Unsere Analyse der Rechenschaftsberichte seit 1994 zeigt, dass jede im Bundestag vertretene Partei 2013 mindestens vier Mal so viele Großspenden erhielt wie im Jahr 1994. Gleichzeitig stagnierten jedoch die Einnahmen und Ausgaben der Parteien. Werden Großspenden also wichtiger für die Parteien?
Von Arndt Leininger und Stefan Boesl.
Die Parteien in Deutschland sind nach § 23 Abs. 4 Parteiengesetz verpflichtet, jährlich über ihre Finanzen zu informieren. Sie übermitteln dazu dem Bundestagspräsidenten einen Rechenschaftsbericht, der Herkunft und Verwendung ihrer Ein- und Ausgaben darstellt. Diese werden als Bundestagsdrucksachen veröffentlicht und stehen auf den Seiten des Bundestags zum Download zur Verfügung.
In diesen Tagen veröffentlichte der Deutsche Bundestag die Rechenschaftsberichte der Parteien für das Jahr 2013, das Jahr der Bundestagswahl. Süddeutsche Zeitung und Die Welt berichten hierüber und konzentrieren sich auf die Quellen der Spenden und Identität der Großspender 2013. Wir haben einen größeren zeitlichen Bogen geschlagen und nicht nur den Rechenschaftsbericht 2013 ausgewertet, sondern auch jene für 1994, 1998, 2002, 2005 und 2009. So können wir ein umfassenderes Bild der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der Parteien zeichnen. Wir betrachten hier die fünf großen Parteien CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen sowie Die Linke (vormals PDS).
Werden Großspenden wichtiger?
Seit 1994 hat sich die Anzahl der meldepflichtigen Einzelspenden (ab 10.000€) in den Wahljahren bei jeder analysierten Partei mindestens vervierfacht, während die Gesamteinnahmen durch Spenden sogar leicht sanken (Ausnahme: FDP). Die Anzahl aller Spender wird von den Parteien nicht ausgewiesen und es lässt sich anhand der Rechenschaftsberichte wenig zu der Entwicklung der Kleinspender sagen. Laut der NGO Lobbycontrol machen diese 76% der Gesamtspenden aus. Dies ist ein Indiz, aber kein Beweis – da wir die Höhen der Einzelspenden nicht betrachten -, dass diese wichtiger werden. Es bleibt dennoch die Frage, ob große Einzelspenden, alleine wegen ihrer starken Zunahme in der Zahl, angesichts stagnierender Spendeneinahmen für die Parteien wichtiger werden. Hier wären mehr Analysen der verfügbaren Daten und mehr Transparenz der Parteien über Zahl und Höhe aller Spenden nötig, um mehr Licht ins Halbdunkel der Parteifinanzen zu bringen.
Großspenden stehen besonders in der Kritik, da diese nur ab einer Höhe von 50.000 Euro unmittelbar angezeigt werden müssen. Spenden ab 10.000 Euro müssen in den Rechenschaftsberichten ausgewiesen werden, diese werden aber, wie auch jetzt, erst mehr als ein Jahr nach der Wahl veröffentlicht. Daher stückeln einige Großspender Summen über 50.000 Euro in mehrere kleinere Einzelspenden auf, sodass diese erst in großem zeitlichen Abstand nach der Wahl öffentlich werden.
Parteieinnahmen unter der Lupe
Die Einnahmen der Parteien, bestehend aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und anderen regelmäßigen Einnahmen, sind mit Ausnahme der SPD in den Wahlkampfjahren konstant geblieben (alle Daten zu Einnahmen und Ausgaben sind inflationsbereinigt auf Basis der Preisniveaus von 2013). Da die Anzahl der Mitglieder in den Parteien gesunken ist, lässt dies darauf schließen, dass entweder die Beiträge angepasst worden sind oder mehr mandatsbezogene Einnahmen eingenommen wurden.
Mandatsträgerbeiträge sind eine bisher wenig beachtete Einnahmequelle für Parteien. Diese werden erst seit dem Wahljahr 2005 in den Rechenschaftsberichten der Parteien gesondert ausgewiesen. Es fällt auf, dass beispielsweise die Grünen im Verhältnis zu ihren Mitgliedsbeiträgen in einem deutlich stärkeren Ausmaß mandatsbezogene Einnahmen generieren (die obenstehende Grafik bezieht sich auf das Jahr 2013). Diese stellen bei ihnen etwa 50% der Einnahmen aus Mitgliedschaft in Wahljahren dar, während diese bei den anderen Parteien zwischen 20% und 30% schwanken. Die Beiträge eines Bundestagsabgeordneten an die Partei können sich durchaus im Bereich von über 10.000 Euro pro Jahr bewegen (Bundestagsabgeordnete erhalten eine monatliche Entschädigung von derzeit 9.082 € brutto, Ausschussvorsitzende, Fraktionsvorsitzende und andere Amtsträger sogar mehr). Es ist zu fragen, ob auch hier analog zu Spenden, mehr Transparenz über die Identität der Zuwender wünschenswert wäre.
Ganz anders als beispielsweise in den USA haben die Ausgaben der Parteien für denWahlkampf 2013 gegenüber 2009 sogar abgenommen. Insgesamt ergibt sich über den Zeitraum 1994 bis 2013 ein negativer Trend in den (inflationsbereinigten) Wahlkampfausgaben der Parteien auf der nationalen Ebene. Die Zeiten prall gefüllter Wahlkampfkassen wie zu Beginn der 1990er Jahre scheinen vorbei zu sein.
Über Arndt Leininger und Stefan Boesl
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Arndt Leininger ist Doktorand an der Hertie School. Seine Forschungsschwerpunkte sind Direkte Demokratie, Vergleichende Politikwissenschaft, Repräsentation und Wahlforschung. Arndt hat einen MSc in Political Science and Political Economy der London School of Economics and Political Science und einen Bachelorabschluss in Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. 2012 und 2013 hat er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter von Sven-Christian Kindler, MdB gearbeitet. Er ist Vorstandsmitglied von CorrelAid e.V.
Twitter: @a_leininger
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Stefan Boesl war Student an der Hertie School im Master of Public Policy. Stefan hat einen BSc in BWL von der WHU – Otto Beisheim School of Management und ist zusätzlich als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Strategieagentur tätig. In seiner Abschlussarbeit beschäftigte er sich mit der Messbarkeit von Kampagnen in der heißen Wahlkampfphase.
Twitter: @Stefan__Marcelo